Windows 8 Mythen und die tägliche Erfahrung

20. März 2013

Viel wurde und wird auch noch über Microsofts Client-System Windows 8 geschrieben: Dabei werden leider häufig auch Halbwahrheiten, Vermutungen und Vorurteile mit echten Erfahrungen vermischt. Unser Windows-Profi Michael Otey hat sich mit einigen dieser Mythen beschäftigt und stellt ihnen seine Erfahrungswerte gegenüber. Auch wir haben bereits einige Erfahrungen mit diesem neuen Betriebssystem gesammelt, die wir hier in diesem Betrag mit eingebracht haben.

Bild 1. Unvermeidlich? Wer nicht auf Windows 8 umsteigen will, kann dieses Betriebssystem und seine neue Oberfläche sicher „überspringen“ und in Ruhe auf diese nächste Windows-Version warten.

Es wurde bereits sehr viel über Windows 8 geschrieben: Dabei ging es häufig aber nicht um die Features oder die Neuerungen/Erweiterungen des Betriebssystems, sondern es ging vor allen Dingen darum, oder das neue Client-System für Microsoft zum Erfolg oder zum einem weiteren Fehlschlag wie Windows Vista wird. Auch wir hier bei NT4Admins haben bereits einige Erfahrungen mit Windows 8 machen können und es geht uns ganz ähnlich wie Michael Otey, der diesen Artikel rund um die „Windows 8 Mythen“ geschrieben hat.

Auch wir konnten eine Menge Behauptungen finden, denen wir mehr oder minder zustimmen, wir konnten aber auch eine ganze Reihe von Erfahrungsberichten und Vermutungen finden, die sich nicht mit unseren Erfahrungen decken.

Wir kennen viele „normale“ Anwender – also solche Menschen, die nicht selbst in der IT tätig sind –, die grundsätzlich an einem neuen Betriebssystem wie Windows 8 interessiert sind. Wenn sie dann dieses System zum ersten Mal auf einem Computer sehen und ausprobieren, sind sie zumeist eher verwirrt, kommen nicht damit zurecht und mögen deshalb dieses System nicht. Aber auch viele IT-Fachleute haben Windows 8 schon mal ausprobiert, haben sicher grundsätzlich keine so großen Probleme mit der Bedienung, kommen aber (nach unserer Erfahrung) recht schnell zu der Schlussfolgerung, dass sie keinen Vorteil darin sehen, Windows 7 durch dieses Betriebssystem zu ersetzen: Windows 7 hat damit definitiv die Nachfolge von Windows XP angetreten, dessen Einsatzmöglichkeiten ja mit dem Jahr 2014 endgültig dem Ende entgegen gehen.

Michael Otey hat sich nun einiger der bekannteren Vorurteile und Aussagen zu Windows 8 angenommen, bewertet und vergleicht sie mit den Erfahrungen, die er bisher schon mit diesem Betriebssystem machen konnte:

Man sollte sich an Windows 8 gewöhnen, denn es ist unvermeidlich, dass es auf dem Desktop zum Einsatz kommt: Diese Aussage ist sicher nicht richtig, den Windows 8 ist ebenso wenig unvermeidlich, wie der Einsatz von Windows Vista unvermeidlich war. Das Betriebssystem Windows 8 hat bisher nicht gerade einen furiosen Start hingelegt und ähnlich wie bei Windows Vista kann man (hoffentlich) davon ausgehen, dass Microsoft mit einem Update oder gleich einem Nachfolger auf den Markt kommt, der die Problempunkte adressiert. Deshalb sollte Anwender und IT-Profis, die sich nicht mit diesem System anfreunden können, einfach abwarten: Die nächste Windows-Version kommt und wird sicher genügend Verbesserungen zu bieten haben.

Bild 2. Ersatz für das Startmenü: Wer mit Windows 8 arbeiten will aber das „alte“ Startmenü bevorzugt, findet beispielsweise in der freien Software „Classic Shell“ eine Alternative.

Windows 8 ist ohne einen Touch-Bildschirm völlig unbrauchbar: Es stimmt, dass sich Windows 8 sehr stark von allen bisherigen Windows-Versionen unterscheidet. Gerade am Anfang ist es verwirrend und nach Meinung von Michael Otey (die wir nach unseren Versuchen hier in der Redaktion größtenteils teilen), ist das Betriebssystem im täglichen Einsatz nicht so produktiv wie Windows 7! Aber auch wenn das Arbeiten damit zunächst nicht so effizient ist, wie es die Arbeit mit Windows 7 bereits ist, so ist das Betriebssystem doch definitiv und auch ohne Touch-Bildschirm einsetz- und brauchbar.

Wir nutzen dieses Betriebssystem in unserem Testlabor in der Regel mit dem „normalen“ Windows-Desktop und setzen eine Reihe von Shortcuts auf dem Desktop sowie Tastatur-Kürzel ein. Zudem bieten sich Ergänzungen wie Start 8 von Stardock oder das freie Classic Shell, das wir sehr empfehlen können, um den Verlust des Startmenüs auszugleichen.

Windows 8 ist grundsätzlich schneller als Windows 7: Nein, obwohl das immer wieder behauptet wird, konnten weder Michael Oteys noch unsere Tests auf vorhandener Hardware diese Behauptung irgendwie nachweisbar bestätigen. Es mag sein, dass Windows 8 auf brandneuer Hardware entsprechend schnell läuft – aber das ist dann sicher den modernen Systemen wie den Ultrabooks geschuldet. Die gute Nachricht hierbei: Windows 8 läuft auf keinem von uns getesteten System (das schließt auch ältere PCs und Notebooks ein) langsamer als Windows 7 auf der gleichen Hardware-Konfiguration.

Windows 8 startet schneller als Windows 7: Dieses Versprechen löst das System hingegen durchaus ein. Interessant ist dieses Feature aber sicher nur für Anwender, die ausschließlich auf Notebook- und Laptop-Systemen arbeiten. Für den „normalen Desktop-Anwender“ ist dieses Feature sicher nur am Rande von Interesse.

Der neue Startbildschirm ist besser als das alte Startmenü: Eine Behauptung, die gerade von den  Befürwortern des neuen Betriebssystem gerne und häufig aufgestellt wird. Wenn es darum geht, das Betriebssystem auf Geräten ohne Touch-Bildschirm einzusetzen, können wir diese Behauptung sicher nicht bestätigen: Auf diesen konventionellen Geräten bietet das alte, hierarchisch organisierte Startmenü sicher eine direkteren und besseren Zugriff auf alle Programme.

Zudem muss sich den Anwender erst einmal durch den neuen Startbildschirm „hindurcharbeiten“, um zu sehen, was auf dem System vorhanden ist – nur um festzustellen, dass er standardmäßig nicht alle Programme anzeigt. Auch die „zuletzt verwendet“-Einträge und sogenannten „Jump-Listen“ vermissen wir unter Windows 8 doch sehr. Das die Kachel „Live-Inhalte“ dynamisch anzeigen können ist ein nettes Feature, kann aber unter Windows 7 auf mit Hilfe der Gadgets erreicht werden.

Windows 8 ist nicht für den Firmeneinsatz (Enterprise) gedacht: Zwar vermarktet Microsoft Windows 8 im Moment recht aktiv in Richtung „Consumer“ (auch wenn sich die Firma sicher selbst nicht mehr als Consumer-orientiert versteht), trotzdem stellt auch Windows 8 alle Enterprise-Features bereit, die unter Windows 7 zur Verfügung standen. Dazu hören die volle AD-Unterstützung, Bitlocker, DirectAccess, BranchCache und Applocker ebenso wie das neue „Windows to Go“. Das trifft allerdings in seiner Gesamtheit nur auf die Version Windows 8 Enterprise zu, die völlig zu Recht diesen Namen trägt und zeigt, dass Windows 8 sehr wohl im Firmenumfeld zum Einsatz kommen kann.

Alte Windows-Programme können nicht mehr verwendet werden: Dieses Problem hat sich Microsoft ohne Zweifel selbst dadurch geschaffen, dass die Kommunikation über die Unterschiede zwischen der ARM-basierenden Windows-RT- und der normalen Windows-8-Version zunächst verwirrend war. Ganz eindeutig: Wie schon unter Windows 7 läuft die sehr große Anzahl aller x86- und x64-Programme auch unter Windows 8 auf der üblichen PC-Architektur mit AMD- oder Intel-CPU.

Wir konnten bisher nur einige ältere Geräte finden, bei denen – ähnlich wie damals beim Umstieg auf Windows 7 – die Anbieter nicht die entsprechenden Treiber zur Verfügung stellen (wollen), so dass wir sie nicht unter Windows 8 einsetzen konnten. Der Vollständigkeit halber muss in diesem Zusammenhang noch erwähnt werden, dass die Kachel-Oberfläche so konstruiert ist, dass nur den Betrieb einer App zur Zeit erlaubt – wer es gewöhnt ist, mehrere Fenster verschiedener Programme gleichzeitig offen zu haben und in ihnen zu arbeiten, muss mit dem normalen Windows-Desktop arbeiten.

Michael Otey/ fms

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