Große Auswahl: Sieben Editionen von Windows 10 in Aussicht

20. Mai 2015

Microsoft stellt mit Windows 10 für unterschiedliche Geräteklassen wie etwa Desktops, Notebooks, Tablets, Smartphone, Wearables und Industrie-Systeme eine gemeinsame Basis bereit. Diese Zusammenfassung soll Kosten einsparen, durch eine optimierte Patch-Verteilung die Sicherheit erhöhen und den Administratoren und Systembetreuern letztendlich auch die Arbeit erleichtern. Denn in Zukunft gibt es nur „eine“ Windows-Version, und diese erstreckt sich über viele Geräteklassen hinweg.

Durch den gemeinsamen Betriebssystem-Kernel erleichtert Microsoft sich selbst die Arbeit, denn aufgetretene Bugs, Fehler und Sicherheitslücken lassen sich so einfacher patchen. Schließlich müssen die Sicherheits-Updates nicht für unterschiedliche Geräte und Windows Varianten angepasst werden. Bei all dieser Konsolidierung ist allerdings nicht geplant, dass es nur eine einzige Edition von Windows 10 geben soll. Somit bleibt Microsoft seiner „alten“ Linie treu, für unterschiedliche Anwender und Einsatzszenarien verschiedene Windows-Varianten (etwa „Home“, „Pro“ oder „Enterprise“) bereitzustellen.

Dieser Ansatz scheint sinnvoll, schließlich stellen unterschiedliche Anwender verschiedene Anforderungen an „ihr“ Betriebssystem. Heimanwender beispielsweise begnügen sich mit Standard-Funktionen, während etwa Systemadministratoren nach erweiterten Funktionen in den Bereichen Sicherheit, Verschlüsslung und Verwaltung Ausschau halten. Mitarbeiter in den Unternehmen benötigen andere Features als ambitionierte „Power-User“. Auch die Hardwarevoraussetzungen und spezifischen Gegebenheiten der unterschiedlichen Plattformen stellen unterschiedliche Anforderungen an das Betriebssystem. Etwa unterscheiden sich die verfügbaren Speichermengen von Smartphones signifikant von den bereitgestellten Ressourcen gängiger Desktop- und Workstation-Systeme. Um diesen Forderungen gerecht zu werden, sollen laut Microsoft sieben unterschiedliche Varianten für die unterschiedlichen Hardwareplattformen von Windows 10 auf den Markt gebracht werden. Eine Übersicht dieser Editionen ermöglicht die folgende Liste.

  • Windows 10 Home: Consumer-Version von Windows, mit Features wie Cortana, Continuum, Windows Hello, Microsoft Edge, Xbox Integration und typischen Endanwender-Apps. Dieser Variante dürfte wohl für die meisten Anwender im Heimbereich ausreichend sein, schließlich sind hier viele Features und Möglichkeiten im den Bereichen Office und Multimedia vertreten. Anbindungen an ein Active Directory (AD) werden mit der Home-Edition nicht unterstützt werden.
  • Windows 10 Mobile: Dies ist als Endanwender-Variante des Mobil-Betriebssystems gedacht. Kernaspekte stellen Smartphone-Optimierungen und die Touch-Bedienung bei Apps und Office dar. Vermutlich ist diese Variante auch mit der Continuum-Funktion ausgestattet. Diese Edition wird wohl auf kommenden Generationen von Windows-Smartphones vorinstalliert sein.
  • Windows 10 Pro: Diese Edition ist für ambitionierte Anwender und kleinere/mittlere Firmen konzipiert. Schwerpunktmäßig werden an dieser Stelle die Sicherheitsfeatures stehen, zudem kann mit dieser Variante die erweiterte Windows-Update-Funktion (Windows Update für Business) eingesetzt werden. Vermutlich sind auch erweiterte Verschlüsselungsfunktionen (Bitlocker) in der Pro-Edition standardmäßig verfügbar. Die Möglichkeit einer AD-Anbindung wird mit der Pro-Edition vorhanden sein.
  • Windows 10 Enterprise: Für mittlere und große Unternehmen ist diese Variante gedacht. Diese Edition wird wohl nur über Volumen-Lizensierung verfügbar sein. Die Schwerpunkte werden an auf Sicherheit, Skalierbarkeit und Kommunikation im Unternehmen liegen. Standardmäßig bringt die Enterprise-Edition eine entsprechende AD-Kompatibilität mit.
  • Windows 10 Education: Variante für Lehrer, Dozenten und Studenten. Diese Edition ist traditionell zu vergünstigten Konditionen (Volumen Lizensierung) erst nach einem gesonderten Nachweis (beispielsweise über eine Immatrikulationsbescheinigung) erhältlich.
  • Windows 10 Mobile Enterprise: Eine zweite Edition für Smartphones mit erhöhter Sicherheit und verbesserten Management-Funktionen. Hier werden wohl Funktionen zum sicheren Löschen der Mobiltelefone bei Verlust oder Diebstahl, gesonderte Möglichkeiten für die Einhaltung von Unternehmens-Richtlinien in Bezug auf Sicherheit und Datenzugriff sowie zur Kontrolle von installierbaren Apps vorhanden sein. Auch diese Variante wird wohl nur über die Volumen-Lizensierung zur Verfügung stehen.
  • Windows 10 IoT: Für Industrie-Kleinstgeräte, Wearables (wie Fitness-Armbänder) oder Ein-Platinen-Rechner (wie etwa Rasberry Pi2) hat Microsoft noch eine weitere, abgespeckte Variante von Windows 10 in petto. Diese wird nach den momentan vorliegenden Funktionen wohl in drei weitere Kategorien unterteilt werden, um den unterschiedliche Leistungsklassen der Kleinstgeräte gerecht zu werden („IoT for industry devices“, „IoT for mobile devices“ und „IoT for small devices“).

Das Konzept hinter den Windows-Editionen führt in die Vergangenheit

Auf der einen Seite versucht sich Microsoft durch neue „Einheitslinie“ zu profilieren. Und teilt auf der anderen Seite das kommende Client-Betriebssystem in viele verschiedene Versionen auf. Ob dieser Spagat gelingen wird, kommt auf mehrere Faktoren an. Etwa ob das kommende Betriebssystem (OS) von den Systembetreuern und Entscheidungsträgern und in den Unternehmen als sinnvoll, leistungsfähig und effizient anerkannt wird.

Aber die Schlacht um die Gunst der Käufer kann nicht allein auf dieser Ebene gewonnen werden. Denn einer der wichtigsten Faktoren stellt sicherlich die Akzeptanz bei den Endanwendern selbst dar. Müssen sich doch genau diese Personen täglich mit den zur Verfügung gestellten Ressourcen sowohl im geschäftlichen, als auch im privaten Umfeld auseinandersetzten. Und falls ein OS im privaten Bereich „durchfällt“, so schwindet die Akzeptanz im Unternehmen ebenfalls proportional dazu.

Viele Anwender kommen daher zunächst im privaten Umfeld mit neuen Betriebssystemen, Geräten oder technischen Lösungen in Kontakt. Und dabei ist es wichtig, dass ein neues System klar strukturiert ist. Das fängt schon bei der Auswahl der zur Verfügung stehenden Produkten (oder OS-Editionen) an. Die Endanwender haben für ihre bestehenden oder neuen Desktop- und Notebook-Systeme die Wahl zwischen der Home- und der Pro-Variante von Windows 10. Das sollte die meisten Anwender entgegenkommen, und dürfte sich positiv auf die Verkaufszahlen auswirken.

Denn falls die Kunden mit zu vielen Versionen eines Betriebssystems konfrontiert werden, so leidet die Übersichtlichkeit und die Entscheidung für ein solches System deutlich. Oftmals ist hier der Ansatz „weniger ist mehr“ der richtige. Um die Hintergründe zu verstehen, ist zunächst ein Blick in die Vergangenheit von Vorteil:

Bei Windows XP beispielsweise waren zunächst zwei Varianten, die Home- und die Professional-Versionen verfügbar (später kam noch die Editionen „Media-Center“ „Starter“ und „Embedded“ sowie Varianten für die 64-Bit-Unterstützung hinzu). Hier war die Entscheidung für die Konsumenten klar: Benötige ich eine Active-Directory-Anbindung so brauche ich die Professional-Variante, für die Heimanwender war in den meisten Fällen die günstigere Home-Edition die richtige Wahl. Andere Varianten waren entweder nur in Schwellenländern (Starter) verfügbar, oder erreichten kaum eine nennenswerte Verbreitung (Professional 64 Bit).

Bei Windows Vista dagegen standen zu Beginn gleich sechs unterschiedliche Editionen zur Auswahl, wobei für die Endanwender zunächst vier Versionen in Frage kamen: „Starter“, „Home Basic“, „Home Premium“ und „Ultimate“. Welche Variante nun für den jeweiligen Endanwender die sinnvollste Variante darstellt, war nicht auf einem Blick erkennbar. So standen den Konsumenten buchstäblich Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Die beiden anderen Varianten „Business“ und „Enterprise“ waren zumindest klar als Unternehmens-Editionen zu erkennen. Die nötige Beratung zu den unterschiedlichen Versionen von Vista trug nicht unbedingt dazu bei, die Verkaufszahlen von Vista zu erhöhen. Auch in den Systemhäusern, EDV-Dienstleistern und IT-Geschäften war diese Art der „Windows-Versionsberatung“ nicht gerade populär.

Fragen wie „Brauche ich denn Aero Glass, was ist das überhaupt?“, „Dann soll ich lieber die Home Premium-Edition nehmen?“ „ Genügt mir auch die Starter-Variante?“, „kann ich bei der Home Basic Version auch nur drei Programme öffnen?“, oder „Was sind denn nun genau alle Unterschiede von Home Premium im Vergleich zur Ultimate-Edition?“ waren teilweise schwer zu beantworten. Vor allem weil die Käufer ihre Anforderungen nicht genau spezifizieren konnten.

Zwar war ein Upgrade auf eine höhere Version zwar möglich (Stichwort „Anytime-Upgrade“), ein Downgrade dagegen nicht. Weiterhin verlangte Microsoft für ein Upgrade recht hohe Preise, diese waren zusammengerechnet meist höher (beispielsweise ein Update von Home Premium zu Business) als wenn die Käufer sich gleich für die ursprünglich benötigte Version entschieden hätten. Um das Ganze noch weiter zu treiben, standen für fünf Versionen sowohl 32-Bit- als auch 64-Bit-Varianten zur Verfügung (Starter war auf 32-Bit beschränkt). Somit wuchs die Produktpalette auf elf Produktvariationen an.

Beim direkten Nachfolger, Windows 7 unterteilte Microsoft seine Produktpalette ebenfalls in sechs Editionen. Allerdings verbesserte Microsoft die Transparenz und kommunizierte den Einsatzzweck der verschiedenen Versionen besser. Die Einstiegversion (Starter) war wie schon bei Vista auf die damals aufkommende Geräteklasse der „Netbooks“ zugeschnitten, um auf diesen günstigen und hardwareschwachen Notebooks (meist im Format zehn bis zwölf Zoll Bildschirmdiagonale) ein günstiges Betriebssystem (mit Einschränkungen) bereitzustellen.

Trotzdem mussten sich die meisten Endanwender augenscheinlich nur zwischen den Varianten „Home Premium“ und „Professional“ unterscheiden. Power-User und ambitionierte Anwender griffen – wie schon bei Vista – zur Ultimate-Edition. Die Frage nach 32-Bit und 64-Bit-Versionen war zu diesem Zeitpunkt schon fast obsolet, da die meisten Notebooks und Desktops bereits über die entsprechende Hardware verfügten um 64-Bit-Versionen einzusetzen, und oftmals bereits 4 GByte an DRAM in den Systemen zum Einsatz kamen (32-Bit-Versionen haben meist eine Limitierung des nutzbaren Hauptspeichers bei etwa 3 GByte DRAM). Zudem waren die Konsumenten bereits seit Vista auf die unterschiedlichen Editionen geeicht, und konnten so beim Release von Windows 7 ihre Anforderungen angeben.

Bei Windows 8/8.1 richtete Microsoft zwei Editionen an die Endanwender, „Windows 8“ und Windows 8 Pro“. Anwender konnten klar entscheiden, ob die Standard-Edition von Windows 8 ausreichend ist, oder ob lieber zu Variante „Windows 8 Professional“ gegriffen werden sollte. Die anderen zwei Editionen („Windows 8 Enterprise „ und „Windows 8 RT“) waren klar erkennbar für die Unternehmen, beziehungsweise für Mobilgeräte mit ARM-CPUs konzipiert.

Aktuelle Einschätzung

Wenn man die Einteilung der Windows-Varianten in der Vergangenheit genauer betrachtet, so erscheint der Ansatz zu Einteilung schon fast traditionell. Zwar stellt Windows 10 eine gemeinsame Basis für bisher nicht ins Gesamtkonzept integrierte Geräteklassen (etwa Smartphones) bereit, die „klassische“ Einteilung in unterschiedliche Editionen wie zu Vista- oder Windows-7-Zeiten bleibt allerdings bestehen. Wie schon in der Vergangenheit wird die kommende Generation des Windows Betriebssystems wohl in sechs Hauptkategorien untergebracht (Windows IoT bleibt bei dieser Rechnung einmal außen vor).

Die Endanwender werden sich trotzdem in den meisten Fällen nur zwischen „Windows 10 Home“ und „Windows 10 Pro“ entscheiden müssen. Gute Nachrichten für Microsoft, denn so prophezeit das NT4ADMINS-Team eine hohe Verbreitung und eine gute Akzeptanz des kommenden Betriebssystems. Natürlich nur wenn die Funktionen, Features, das Design und die Usability für die meisten Anwender passen. Diese Punkte lassen sich anhand der aktuellen Preview-Versionen von Windows 10 bereits bestätigen, somit scheint es klar, dass Windows 10 ein würdiger Nachfolger von Windows 7 und Windows 8/8.1 werden wird.

Florian Huttenloher

Lesen Sie auch